Spielen die Ärzte, die die DiGAs ja verordnen sollen, da nicht eine noch wichtigere Rolle?
Grundsätzlich ja, aber der werden sie bisher aus verschiedenen Gründen nicht gerecht. Unser jüngster EPatient Survey, den wir noch wenige Monate vor der Einführung der DiGAs durchgeführt haben, zeigt, dass 95 Prozent der Patienten von ihrem Arzt noch nie eine digitale Empfehlung erhalten haben. Gesundheitsminister Jens Spahn hat hier zwar mit den DiGAs einen guten Aufschlag gemacht. Nun liegt es aber an den Kassen und der Ärzteschaft, die Chance zu nutzen. Laut unserer Umfrage wünschen sich 76 Prozent der Befragten Empfehlungen durch die Krankenversicherung, gefolgt vom Arzt mit 59 Prozent und der Apotheke vor Ort mit 23 Prozent.
Wäre es da nicht wichtig, bei den Ärzten anzusetzen? Wer schlaut denn die Ärzte in Bezug auf die DiGAs auf?
Da tut sich leider nicht so viel, wie erforderlich wäre. Wir registrieren da eher verteilte Verantwortungslosigkeit – von Kassen, Ärztekammern und DiGA-Herstellern gleichermaßen. Hier herrscht ein föderaler Flickenteppich wie seit Jahrhunderten. Die verschiedenen Berufs-, Landes- und Fachgesellschaften der Ärzte fördern und führen das Thema auch nicht konzertiert. Bundeärztekammer, Bundesministerium für Gesundheit, GKV-Spitzenverband – wer hat den Hut auf, um die DiGAs populärer zu machen? Derzeit irgendwie alle und niemand.
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Welche Probleme für mehr Popularität der DiGAs müssten schnell gelöst werden?
Der DiGA-Erstattungsprozess im Rahmen des DVG sieht unter anderem vor, dass Versicherte mit einem DiGA-Rezept dies über die Kassen-App einscannen oder via Email/Telefon an ihre Versicherung leiten. Dies stellt erfahrungsgemäß einen starken Medienbruch und eine Handling-Hürde dar. Erste Ergebnisse unserer noch laufenden ersten repräsentative DiGA-Befragung zeigt auf: Mehr als 70 Prozent der Versicherten senden Dokumente analog an ihre Kasse, unter diesen zehn Prozent per Fax. Nur 13 Prozent haben die App ihrer Krankenversicherung dazu verwendet. Hier braucht es dringend Aufklärung und Unterstützung. Zumal es auch noch die ‚Digitale Schere’ gibt, die zu einer Ungleichheit in Bezug auf die Nutzung führt.
Was verstehen Sie unter ‚digitaler Schere’?
Diese Ungleichheit hat mehrere Dimensionen. Ein Smartphone zu besitzen reicht nicht aus für die Nutzung einer DiGA. Es ist auch eine gewisse digitale Kompetenz erforderlich, die aber nicht alle Bevölkerungsschichten und Altersgruppen besitzen. Diese digitale Schere in der Bevölkerung zum einen und die Breitbandlöcher auf der Landkarte zum anderen drohen eine digitale Zwei-Klassen-Medizin zu produzieren. Nur konzertierte, gemeinsam initiierte Public-Health-Initiativen könnten hier gegensteuern. Diese fehlen derzeit aber völlig.
Was müsste getan werden für eine breitere Akzeptanz der DiGAs?
Neben der klaren Verantwortung für das Thema werden sich die Apps auf Rezept nur durchsetzen lassen, wenn der bewährte Markendreiklang hergestellt wird: Die Bürger müssen die DiGAs kennen, gut finden und nutzen. Da es heute noch am Kennen fehlt, ist es vermutlich noch ein weiter Weg, bis das Nutzen losgeht. Als Best Practice eines ‚digitalen Versorgungsszenarios’ vor Ort lässt sich von integrierten Lösungen wie beispielsweise der App Caspar Health lernen. Das digitale Reha-Coaching-Programm erhalten Patienten schon während und nach ihrer stationären oder Reha-Behandlung. Sie werden vom Stationspersonal vor Ort in die Nutzung eingeführt. Rund 200 Reha- und Klinikzentren haben Caspar bereits in ihre Behandlung integriert, was zu stark steigenden Marktzahlen der App führt.
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